Kapitel 3: Wirtschaft, Tourismus, Bildung und Wissenschaft
Kernpunkte
- Förderung einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Wirtschaftsstruktur in Dessau-Roßlau
- Unterstützung von Gründerinnen sowie kleinen und mittleren Unternehmen durch Beratung und finanzielle Förderung
- Förderung des nachhaltigen Tourismus und des kulturellen Erbes von Dessau-Roßlau
- Ausbau von Bildungseinrichtungen und Förderung einer qualitativ hochwertigen Bildung für alle Altersgruppen
- Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftseinrichtungen, Unternehmen und der Stadtverwaltung, um Innovation und Forschung voranzutreiben
- Investitionen in eine attraktive Innenstadt wie auch lebenswerte Dörfer
- Kundenfreundlicher Ausbau der Onlinepräsenz der Stadt Dessau-Roßlau
Programm
Wirtschaft
In der Vergangenheit wurde Dessau-Roßlau durch Erfinder- und Unternehmergeist geprägt. Hugo Junkers und die Gründer der ContiGas (1855; heute EON) Hans Victor von Unruh und Wilhelm Oechelhaeuser sollen hier exemplarisch genannt werden. Noch heute ist Dessau-Roßlau eine Stadt, in der neben einem dominierenden Dienstleistungssektor produzierende Unternehmen, ob aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Chemie, dem medizinischen und pharmazeutischen Bereich oder dem Ernährungsgewerbe, eine wichtige Rolle spielen. Wir sehen Dessau-Roßlau auch in Zukunft als Oberzentrum mit dem Potential für einen Aktivposten der Landesentwicklung zwischen Berlin und Leipzig. Günstige Immobilienpreise und Mieten, aber auch ein gutes schulisches Angebot, sehr gute Gesundheitsversorgung sowie ausreichende KITA-Plätze machen Dessau-Roßlau für Neubürgerinnen
und Investorinnen interessant. Die Bedürfnisse unserer Unternehmen sind vielfältig, abhängig von der jeweiligen Branche. Aber, was sie vereint, ist der Wunsch nach einem Standort mit stabilen Rahmenbedingungen und einer Verwaltung, die sich kümmert.
Im Stadtrat möchten wir uns für folgendes einsetzen:
– Willkommenskultur
Wir brauchen dringend eine aktive Fachkräftegewinnung durch Land, Stadt und Stadtmarketing. Gezieltes Werben um Rückkehrerinnen oder Zuwandererinnen wie z. B. durch den Rückkehrertag oder berufsorientierende Messen sind schon ein guter Anfang. Aber in erster Linie braucht es eine gelebte Willkommenskultur für Neubürgerinnen. Begrüßungsempfang durch den OB, einen Leitfaden für wichtige Institutionen, eine Ehrenamtsbörse, Gutscheine fürs Theater, Beratungsangebote etc. … Andere Städte machen uns vor, was alles eine gelebte mehrsprachige Willkommenskultur umfassen kann.
–Moderne Infrastruktur
Dazu zählt eine Breitbandanbindung bis an die Haustür ebenso wie attraktive
Verkehrsanbindungen auf Straße und Schiene mit Intercity-Anbindung und leistungsfähigen
Umschlagsmöglichkeiten für Fracht zwischen Straße, Schiene und Schiff. Aber auch das Vorhalten
von Gewerbe- und Industriegebieten gehört dazu. Roßlau hat hier genauso Potential wie die
Entwicklung interkommunaler Gewerbe- und Industriegebiete. Dringend ist daher die
Ortsumgehung Roßlau endlich voran zu bringen. Wenn Investorinnen anklopfen oder unsere Unternehmen sich erweitern wollen, müssen wir vorbereitet sein. Dafür bedarf es nicht der Zerstörung von hunderten Hektar Wald wie im Entwurf des Flächennutzungsplanes vorgesehen. Dienstleistungsorientierung der Verwaltung Unternehmen bekommen einen Ansprechpartner in der Wirtschaftsförderung, der sie als Lotse durch die Verwaltung begleitet. Als weltoffene Stadt sollte Dessau-Roßlau auch Lotsen mit Fremdsprachenkenntnissen anbieten, englisch, vielleicht auch chinesisch oder arabisch. Verwaltungsvorgänge werden soweit möglich digital und ersparen unnötige Wege und Wartezeiten. Zur Dienstleistungsorientierung gehören auch schnelle Genehmigungsverfahren bei Neuansiedlung bzw. Erweiterung und Hilfe beim Bereitstellen attraktiver Flächen für 9 Gewerbe/Industrie bzw. Büro- und Handelsräume. eGovernement darf keine Worthülse bleiben sondern muss endlich in allen Bereichen der Verwaltung umgesetzt werden. Wir fordern eine gestaltungs- und serviceorientierte Stadtverwaltung mit schnellen Reaktionszeiten und frühzeitiger Information und Einbindung potentiell Betroffener. Ansässige Unternehmen sind die besten Botschafter für den Wirtschaftsstandort Dessau-Roßlau. Wir setzen uns ein für die Begleitung von Unternehmensübergaben durch die Wirtschaftsförderung.
– Vergabe öffentlicher Aufträge
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge werden wir uns dafür einsetzen, dass städtische Aufträge stärker in Stadt und Region bleiben. Dafür bedarf es einer besseren Kommunikation anstehender Vergaben und Vorhaben, der stärkeren Berücksichtigung von Teillosvergaben, aber auch der Beachtung von Mindestlöhnen und Tariftreue. Der im September 2020 unterzeichnete Masterplan Handwerk 2025 muss endlich gemeinsam mit der Handwerkerschaft mit Leben erfüllt werden und auf andere Branchen erweitert werden. Darüber hinaus setzen wir uns ein für eine stärkere Berücksichtigung land- und forstwirtschaftlicher Rohstoffe und Produkte aus unserer Region bei öffentlichen Ausschreibungen z. B. bei der Mittagsverpflegung in öffentlichen Einrichtungen. Gründungskultur Wir wollen besonders kleinere Neu- und Ausgründungen z.B. aus der Hochschule stärken. Gründerkultur sind nicht allein Start-Ups im Digitalbereich, sondern auch z.B. bei einem kleinen Werkzeughandel, der zur Stadtteilversorgung beiträgt, genauso wie bei der Fotografin oder dem Künstler. Unsere Kreativszene ist bunt und vielfältig. Und das werden wir unterstützen und verstetigen durch gute Rahmenbedingungen, Koordinierung, Begleitung und Marketing. Künstlerinnen, Handwerkerinnen oder Initiativen leerstehende Gewerberäume in der Innenstadt temporär zur Verfügung zu stellen schafft Aufmerksamkeit und Abwechslung und ist gleichzeitig auch ein Beitrag zur Belebung unserer Innenstädte (z.B. Projekt VorOrt-Haus). Ein Quartiersmanagement kann hier unterstützen. Aber auch in unseren Ortsteilen gibt es Potenzial und Raum für eine Gründerkultur wie z. B. günstigen Wohn- und Gewerberaum, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ein städtisches Onlineportal, welches Wohn- und Gewerberaum zur Miete und Kauf darstellt, sowohl von privat wie von kommerziellen Anbietern, kann hier helfen. Potenzielle und Nutzerinnen von Coworking- Spaces werden aktiv in den Metropolen angesprochen und potenzielle Liegenschaften ob im ländlichen Raum oder zentrumsnah (alte Brauerei) aufbereitet und angeboten – auch dies gehört zu einer attraktiven Infrastruktur.
– Ausbildung und Fachkräftesicherung
Gut ausgebildete Fachkräfte werden immer mehr standortentscheidend für unsere Firmen. Die
Stadt kann durch eine Ausbildungsoffensive gemeinsam mit den Berufsverbänden dazu beitragen,
die Ausbildungsfähigkeit und damit auch die Berufschancen unserer Jugend zu erhöhen. Dies
heißt für uns die Schulen fitter zu machen und zu digitalisieren, um mehr und bessere
Schulabschlüsse (umgekehrt weniger Schul- und Ausbildungsabbrecher) hervorzubringen. Dies
gilt sinngemäß auch für die Weiterbildung Erwachsener. Private und öffentliche Angebote und
Förderprogramme sind mit den Anbietern passgerechter für die Unternehmen auszugestalten.
Unser Berufsschulstandort ist zwingend zu stärken und durch die Unterstützung innovativer
Ausbildungsgänge auszubauen.
Darüber hinaus setzen wir uns für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Beispiel
durch stärkere Ausrichtung bestehender KiTa-Angebote auf die Familienbedürfnisse ein.
Tourismus
Wir wollen Dessau-Roßlau zu einem nachhaltigen Reiseziel entwickeln. Bündnis 90/Die Grünen
bekennen sich zu einem weltoffenen und inklusiven Tourismus.
Die Arbeit der Stadtmarketinggesellschaft und das neue Tourismuskonzept werden wir weiterhin
aktiv begleiten. In unseren internationalen Leuchttürmen (zwei Weltkulturerbestätten Bauhaus und
Gartenreich, Junkers-Erbe und UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe) sehen wir die
touristische Grundlage unserer Stadt. In Verbindung mit dem umfangreichen städtischen
Kulturangebot (siehe Abschnitt Kultur) ist Dessau-Roßlau ein attraktives Kulturreiseziel und ein
besonderer Tagungsort. Darüber hinaus sehen wir mit dem Leitmotiv Bauhausstadt Dessau-Roßlau
eine weitere Möglichkeit der überregionalen touristischen Vermarktung.
Es bedarf aber auch einer besseren Kommunikation von Angeboten für Familien wie auch eines
aktuellen webbasierten Portals zu aktuellen kulturellen Terminen und zu gastronomischen
Angeboten.
Tourismus im Einklang mit Natur und Umwelt ist nicht nur beim Radtourismus unser Leitmotiv. Die
Stadt Dessau-Roßlau bietet sich als Ausgangspunkt für Reisen mit Umwelt- und Naturerlebnis sowie
Bildungsreisen an. Die Ausweisung eines Wanderwegenetzes kann hierzu einen Betrag leisten.
Die solide touristische Ausschilderung ist zu erhalten und zu pflegen und punktuell auszubauen wie
z. B. bei der Anlage von Trinkbrunnen oder ganz wichtig, mehr öffentlichen Toiletten.
Im Stadtrat möchten wir uns für folgendes einsetzen:
– Bildungs- und Kulturtourismus
Mit unseren touristischen und kulturellen Leuchttürmen können wir einen hochwertigen
Bildungs- und Kulturtourismus entwickeln. Mit mehrsprachigen Informationen und
Beschilderungen und mit interkultureller Weiterbildung der im Tourismus tätigen Menschen kann
unsere Stadt auch den internationalen Markt ansprechen. Für unsere hochwertigen musikalischen
Angebote des Theaters und des Kurt-Weill-Festes bedarf es einer gezielteren überregionalen
Werbung.
– Profilentwicklung Dessau-Roßlaus als Radreisestandort
Qualifizierung und Weiterentwicklung der radtouristischen Infrastrukturen und Angebote. Dazu
gehört eine flankierende, gezielte Bewerbung Dessau-Roßlaus als Radreiseziel, die Nutzung des
Potentials, welches der Muldentalradweg bietet, sowie eine attraktive Anbindung nach Berlin.
– Barrierefreies Erleben unserer Doppelstadt
Hierzu sind die baulichen Voraussetzungen zu verbessern, insbesondere bei öffentlichen
Einrichtungen. Zudem sollen die touristischen Anbieterinnen über unterschiedliche Anforderungen informiert werden, damit sie in der Lage sind, die Belange aller Gäste zu berücksichtigen. Die Marketingorganisation der Stadt sollte Informationen zielgruppenspezifisch über die verfügbaren Medien verbreiten.
– Erhöhung des Anteils der Gäste, welche mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln anreisen
Hierzu ist die Anbindung an den Bahnfernverkehr zu verbessern und zu verstetigen. Die Gäste benötigen darüber hinaus auf sie zugeschnittene Informationen zum Angebot des ÖPNV der Stadt und der Umgebung. Wir setzen uns dafür ein, die Transportkapazitäten in Bus und ÖPNV für Räder zu erhöhen. Den Anteil an Übernachtungs- und Freizeitangeboten mit Nachhaltigkeits- und Umweltzertifizierung wollen wir steigern.
– Internationalisierung des touristischen Angebotes ist eine Aufgabe aller touristischen Leistungsträgerinnen.
Neben der Förderung von Maßnahmen, die internationalen Gästen den Urlaub erleichtern wie z. B. mehrsprachigen Speisekarten, Berücksichtigung kulturell bedingter Ernährungsweisen, Informationen oder Beschilderung bedarf es einer Erweiterung interkultureller Kompetenzen bei im Tourismus tätigen Personen.
– BuGa 2035 als Chance auch für den nachhaltigen Tourismus
Wir sehen in der BUGA 2035 eine große Chance für die Stadt Dessau-Roßlau, sich durch die
Bündelung von Investitionen als attraktiven Standort zu positionieren, eine klimaresiliente
Stadtentwicklung zu fördern und nachhaltigen Tourismus zu unterstützen.
Bildung und Wissenschaft
Dessau-Roßlau hat national und international ausstrahlende Institutionen, wie die Stiftung Bauhaus,
das Umweltbundesamt oder die Hochschule Anhalt. Neben der Stärkung und besseren Vernetzung
der akademischen und wissenschaftlichen Einrichtungen liegt uns die Ausbildung unserer Kinder und
Jugendlichen in Kindergarten, schulischen und außerschulischen Einrichtungen besonders am Herzen.
Denn Bildung ist das Wichtigste, das wir ihnen mit auf den Weg geben können.
Eltern benötigen dringend langfristige Sicherheit zum Wiedereinstieg ins Berufsleben. Ein
ausreichendes Angebot an qualitätsvollen Einrichtungen für die Kinder im Kleinkindalter ist deshalb
erforderlich.
Wir wollen uns außerdem dafür einsetzen, dass die Zahl der Studienplätze in Dessau-Roßlau erhöht
wird. Studiengänge, die für die großen Arbeitgeber relevant sind, sollten das bisherige Angebot
ergänzen. So kann Fachpersonal in der Region ausgebildet und gehalten werden.
Im Stadtrat möchten wir uns für folgendes einsetzen:
– Stärkung und Ausbau des Hochschulstandortes Dessau-Roßlau
Dem Hochschulcampus wollen wir möglichst viel Freiraum geben. Wir wollen die Kooperation
mit forschungsrelevanten Institutionen wie Bauhaus, Umweltbundesamt, Deutscher Bahn,
Pharmapark und Klinikum unterstützen und zur Entwicklung innovativer Studiengänge nutzen.
Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Dessau-Roßlau weitere neue Studiengänge erhält. Dazu
gehört z.B. die Wiederansiedlung der Bauingenieurausbildung wegen der großen Synergien zur
Architekturausbildung oder die Lehramtsausbildung als Außenstelle der Universitäten.
–Vernetzung, Regionales Wirtschaften
Wir haben in Dessau-Roßlau hochkarätige Forschungseinrichtungen und Wissensträger wie u.a.
die Hochschule Anhalt, das Umweltbundesamt, das Bauhaus, das Klinikum, das Roßlauer WTZ,
die als Leuchttürme nationale und internationale Strahlkraft besitzen. Durch stärkere Vernetzung
der Akteure (z.B. im Regionalprojekt der „Energieavantgarde Anhalt“ oder im vom Verein
Bahntechnologie Dessau e.V. initiierten TRAINS Projekt) und gezielte Ansiedlung soll auch unsere
regionale Wirtschaft und ihr F+E-Engagement davon profitieren. Gleichzeitig haben wir u.a. mit
der IDT Biologika oder dem DB-Ausbesserungswerk industrielle Kerne in Zukunftsbranchen, die
wir gezielt bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen wollen. Wir unterstützen den Ausbau von
Netzwerken zwischen Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft.
– Schulische und außerschulische Bildung
Bildung lebt von Vielfalt, guten Lehrangeboten und attraktiven Standorten. Bestehende
Investitionsstaus in Kitas und Schulen wollen wir zügig abbauen und breit gefächerte
Bildungsangebote unterstützen. Dazu gehören auch private Schulformen, Stärkung der VHS,
Zusammenlegung der Musikschule, Unterstützung von Kooperation und Zusammenlegung
alternativer Bildungsangebote sowie die Einrichtung einer weiteren Gemeinschaftsschule in
Dessau-Roßlau. Bestehende Schulstandorte sind zwingend zu erhalten.
Wir begrüßen, dass die Regenbogenschule am Standort Bernburger Straße errichtet wird. Die
vom Stadtrat beschlossene Lösung muss jetzt schnell umgesetzt werden.
– Wir setzen uns für eine verbesserte Vermittlung von Grundlagen gesunder Ernährung an Kinder
und Jugendliche ein, z. B. durch Schulgartenprojekte, Teilnahme an Schulmilch und Schulobstprogrammen
etc.
– Bildungsgerechtigkeit
Der Status der Eltern entscheidet zu oft über den Bildungserfolg. Gerade Schulen mit vielen
Kindern aus Geringverdiener-Haushalten brauchen Unterstützung, z.B. durch langfristige
Sicherung der Schulsozialarbeit.
– Förderung neuer Kooperationswege
wie z. B. eine noch engere Kooperation der Schulen mit der Wirtschaft oder mehr Praktika der
Schülerinnen und Schüler in Unternehmen. Initiativen, wie der „Girls- und Boys Day“ oder der
„Tag der Berufe“, sind mit regionalen Partnern ganzjährig vorzubereiten und von der Stadt aktiv
zu unterstützen.
Wir setzen uns ein für eine Profilierung der Schulstandorte und –formen z. B. mittels Aufwertung
der Sekundarschulen durch die Einführung eines regelmäßigen Praxisunterrichts. Dazu bedarf es
einer kontinuierlichen Berufsorientierung statt wechselnder Projektförderungen.